Photarion's Whippets

Ein Märchen zu Ostern

Ulrike schrieb dieses wunderschöne, beeindruckende Märchen und schenkte es uns zum 2. Geburtstag unseres A-Wurfes, am 11. März diesen Jahres. Sie widmete diese Geschichte unseren sechs „Edelsteinen“. Nun möchte ich auch meine Leser in die Welt des Märchens einladen und wünsche ihnen dabei viel Spaß.

Ein frohes Osterfest wünschen die Photarion`s.

Die sechs Edelsteine

Es waren einmal sechs Edelsteine mit wunderschönen Namen: Achat , Aquamarin , Amazonit , Amethyst , Aventurin und Azurit.

Die Steine waren herrlich anzusehen, ihr Glanz strahlte in die Welt hinaus. Jeder für sich war einzigartig, doch zusammen ergaben sie ein Bild, welches an Schönheit kaum zu übertreffen war. Die Menschen machten „Ah!“ und „Oh!“, wo auch immer sie auftauchten.
Durch ein unsichtbares Band verbunden, waren sie stets eins, auch wenn sie sich an verschiedenen Orten aufhielten. Vor genau zwei Jahren wurden sie von dem Zauberer Morris und der Fee Kopete entdeckt und zum Leben erweckt. Kopete begleitete sie ein Stück ihres jungen Lebens und gab ihnen den letzten Schliff, bevor sie ihre Plätze in der Welt einnahmen. Seit dem strahlen sie um die Wette und erfreuen alle, die ihnen begegnen, mit ihrem Anblick. Sie erwärmten die Herzen eines Jeden und zauberten allen ein Lächeln ins Gesicht. Boshaftigkeit, Neid, Hass und Gier wurden zu Fremdworten. Die Edelsteine brachten einen tiefen Frieden zu allen Menschen und man hielt sie in Ehren. Freundschaft, Liebe, Güte, Wohlwollen und Mitgefühl regierten fortan die Welt. Ein neues Zeitalter brach an. Alle lebten glücklich und zufrieden und niemand konnte sich erinnern, dass es früher einmal anders war. Niemand, bis auf eine. Die böse Alte hielt soviel Glück nicht aus. Sie selbst nährte sich von dem Unglück der Menschen und so war es ihr ein Anliegen, mithilfe ihres Handlangers, dem Buckligen, die Edelsteine und das Heil, welches sie über die Menschen brachten, zu zerstören.
Eines Tages geschah etwas Schreckliches. Die Zusammenkunft der Edelsteine stand an. Das war ein festes Ritual und sehr wichtig. Schließlich waren sie noch jung und jeder lernte von dem anderen etwas Neues. Die gute Fee Kopete leitete sie dabei an. Unterstützung erhielt sie dabei von der weisen und lebensklugen Robin Fly, die ansonsten sehr zurückgezogen in den Bergen lebte. Doch auch ihr waren die Edelsteine so sehr ans Herz gewachsen, dass sie immer wieder einen Teil ihrer wertvollen Erfahrungen an sie weitergab.
Es begab sich, dass alle an diesem Treffen Beteiligten sich einfanden. Alle, bis auf einen: Den Azurit. Anfangs beruhigte man sich damit, dass man ja wusste, wie wissbegierig der Azurit war und dass er sicher wieder irgendetwas Interessantes entdeckt hätte, was ihn aufhielt. Als jedoch der Abend und mit ihm die Dunkelheit hereinbrach, begann man sich dann doch um ihn zu sorgen. Allmählich wurde es kalt, die Stunden vergingen nur langsam. Zäh und klebrig schlich die Zeit dahin und hinterließ ein ungutes Gefühl bei den Wartenden. Schließlich hielten es die Edelsteine nicht mehr aus und wollten aufbrechen, um ihn zu suchen. Allein Kopete erkannte in dem Blick der weisen Robin etwas, was sie sehr beunruhigte. Und so gab sie den fünf Edelsteinen alles mit auf den Weg, was sie wissen mussten, um ihrerseits unbeschadet wieder zurückzukehren. Nachdem sie aufgebrochen waren, setzte sie sich zu Robin und starrte wie auch diese, schweigend in die Nacht hinaus. Sie wusste sehr wohl, dass Fragen jetzt fehl am Platze waren und sie zu warten hatte, bis die Weise das Wort an sie richtete. Ihr Blick fiel auf den gespenstisch anmutenden Vollmond, der zur Hälfte von einer Wolke verhüllt wurde, die bei genauem Hinsehen einer boshaften Grimasse glich. Zum ersten Mal, seit Entdeckung der Edelsteine, fiel ihr auf, wie kalt dieses Mondlicht war. Sie fröstelte. Immer wieder hielt sie Ausschau in der Hoffnung, am Horizont der schemenhaften Silhouette des Azurit gewahr zu werden. Aber nichts tat sich und die Stunden der Nacht tröpfelten quälend langsam vor sich hin. Plötzlich atmete die Weise tief ein, begann zu summen und schaukelte sitzend hin und her. Kopete wusste, was das zu bedeuten hatte und betrachtete wortlos dieses Schauspiel, bis Robin Fly verstummte und wiederum einen sehr tiefen Atemzug nahm. Dann schaute sie die Fee mit ihren klaren Augen an und sprach: „Kopete, du musst jetzt sehr stark sein!“ Bei diesen Worten zuckte diese zusammen und sie hatte Angst, dass ihre schlimmste Befürchtung nun wahr wurde. So flüsterte sie fast tonlos: „Wurde er etwa von der bösen Alten entführt?“
Die weise Robin schüttelte ihr weißes Haar. „Sie hat es versucht. Sie hat den Buckligen in Verkleidung eines schwarzen Wolfes mit rot leuchtenden Augen auf den Azurit gehetzt, auf dass er das Weite gesucht und nun die Orientierung verloren hat. Wie dumm sie doch ist…“
„Dann gibt es noch Hoffnung?“ unterbrach Kopete die weise Alte.
Robin sah Kopete voller Güte an und sprach in demselben liebevollen Tonfall, den die Fee stets anschlug, wenn sie mit den Edelsteinen redete: „Mein liebes Kind, solange nichts endgültig verloren ist, gibt es immer eine Hoffnung! Das solltest du wissen.“
Mehr, das war Kopete klar, würde sie von der großen, weisen Dame, die niemals viele Worte machte, nicht herausbekommen.
Als der Morgen anbrach trudelten nach und nach die anderen fünf Edelsteine wieder ein. Sie waren allesamt erschöpft, traurig und frustriert. Allein der Amazonit und der Aventurin hatten in der Schwärze der Nacht die Anwesenheit ihres Bruders gespürt und sie leuchteten, was das Zeug hielt, um ihm den Weg zu weisen. Die Enttäuschung war groß als ihnen bewusst wurde, dass es doch nicht ihr Azurit gewesen sein konnte, denn der hätte doch ihre Nähe gesucht und wäre freudig auf sie zugekommen, statt wegzulaufen, da waren sie sicher. Auch der Aquamarin berichtete Ähnliches. Der Achat und der Amethyst waren in einer anderen Richtung unterwegs gewesen, doch keiner von ihnen hatte einen Erfolg zu vermelden. Sie wollten sich nur rasch von ihrer Erschöpfung erholen, um dann so schnell wie möglich wieder auszuschwärmen. Doch dazu sollte es nicht mehr kommen.
Die Zeit verging ohne ein Zeichen des Azurit. Das Strahlen der Edelsteine wurde im selben Maße schwächer, in dem sie ihre Kräfte schwinden spürten. Kopete war verzweifelt. Sie hatte sich noch nie so hilflos gefühlt. Allein die Anwesenheit Robins, die ihr bedeutete, nicht aufzugeben, gab ihr Kraft. Indes begannen einige Menschen, wieder ein altbekanntes Verhalten an den Tag zu legen und das schöne Miteinander, was unter dem Einfluss der Edelsteine herrschte, wurde zunehmend zu einem Gegeneinander. Und schon bald ging es wieder drunter und drüber in der Welt. Genau das war es, was die böse Alte bezweckte. Dumm nur, dass der Bucklige den Azurit verjagt hatte, anstelle ihn – wie befohlen – zu ihr zu bringen, auf dass sie ihr Werk für alle Ewigkeit vollenden konnte. Hätte sie bedacht, dass die Edelsteine nicht nur schön anzusehen, sondern auch mit weiteren Fähigkeiten ausgestattet waren, die sie unter anderem die Geschwindigkeit eines Windhundes erreichen ließen, hätte sie den Buckligen wohl besser in einen Geparden verwandelt. Genau das war es auch, was die große alte Dame meinte, als sie von der Dummheit der bösen Alten sprach, obwohl sie es sich sonst niemals anmaß, über andere ein Urteil zu fällen. Robin Fly sah und wusste eben – fast – alles.
Aber all das nutzte nichts, denn der Azurit blieb wie vom Erdboden verschluckt. Als Morris, der gerade von einer Zauberertagung zurückkehrte, von dem Unglück erfuhr, machte auch er sich sofort auf die Suche. Mal meinte er hie und da die eine oder andere Spur des Azurit entdeckt zu haben aber dieser war wie ein Geist. Da und doch nicht da. Alle befürchteten inzwischen das Schlimmste. Allein Robin Fly gab die Hoffnung nicht auf. Seit einigen Tagen und Nächten war sie nun bereits in einem tranceähnlichen Zustand und summte und schaukelte, dass Kopete es kaum noch aushielt, sie nicht anzusprechen. Doch sie war klug genug, Robin in Ruhe zu lassen. Das einzige, was sie tun konnte, war, die verbliebenen fünf Edelsteine, deren Kräfte und Leuchten schon so gut wie erloschen waren, zu trösten und ihnen Mut zuzusprechen, auch wenn sie selbst schon fast nicht mehr an ein gutes Ende glaubte. Am achten Tage nach dem Verschwinden des Azurit, verstummte Robin plötzlich, riss die Augen auf und nannte die Stelle, an der sich der verlorene Stein befinden würde. Wie von Sinnen stürmten alle los, um ihn in Empfang zu nehmen. Die Nachricht, dass er am Leben war, versetzte sie alle in Euphorie. Die weise Robin Fly wusste ihrerseits, dass die Lebenskraft des Azurit kurz vor dem Erlöschen stand und er kaum in der Lage sein würde, diesem freudigen Ansturm seiner Lieben standzuhalten, weswegen sie sich dieser List bediente, was ihr normalerweise so gar nicht entsprach. Aber diese Umstände hier, waren alles andere als normal. Sie wusste tatsächlich um den Aufenthaltsort des Azurit, den er als sicher empfand und deshalb nicht verließ. Denn er traute niemandem mehr, nicht einmal seinen eigenen Augen. Was, wenn diejenigen, die ihn fanden, in Wahrheit gar nicht die waren, für die sie sich ausgaben? Auch wenn sie so aussahen? Er wusste instinktiv, dass es endgültig aus war mit ihm, wenn er der bösen Alten in die Hände fiel. Aber nun war sein kleines Lichtlein fast erloschen, er atmete kaum noch und jeder Fluchtversuch wäre ohnehin zum Scheitern verurteilt gewesen, so schwach war er. Er wusste, dass es für ihn fünf vor zwölf war. Genau das war auch der Zeitpunkt seiner Entdeckung.
Robin gab ihm zu verstehen, dass er sich nicht von der Stelle rühren und Vertrauen haben solle und kündigte ihr Kommen an.
Dank ihrer Fähigkeit und Weisheit, dank des Einsatzes und der Liebe der anderen, die der Azurit die ganze Zeit über spürte und ihn nicht aufgeben ließ, dank des festen Glaubens an das Gute, überlebte er, wenn auch lädiert und ist heute auf dem besten Wege, seinen Glanz und sein Leuchten aus alten Tagen wiederzuerlangen. Die anderen Edelsteine erhielten ihre alte Kraft und ihre Fähigkeiten zurück und hüllten den Azurit in ihr Strahlen mit ein, was ihm noch mehr Stärke verlieh. Die Menschen wurden wieder friedvoller und alle waren glücklich und zufrieden. Alle? Nein, ein böses altes Hutzelweibchen wurde nicht müde, einen Buckligen zu verfolgen, auf den sie immer wieder mit ihrem Besen eindrosch, wobei sie Flüche ausstieß. Bei jedem Treffer, nahm der Bucklige eine andere Gestalt an. Mal watschelte er als Kröte davon, dann wieder zeigte er sich als Ratte. Beim nächsten Mal versuchte ein Rabenvogel zu entfliehen, doch bevor er sich in die Lüfte erheben konnte, wurde er ein Klippschliefer. Am Ende verwandelten ihn die Flüche der bösen Alten in ein Warzenschwein mit schlimmen Blähungen. Als diese sich in seiner Panik entluden, verstummten die Flüche plötzlich. Die böse Alte stand versteinert mit erhobenem Besen und konnte sich nicht mehr rühren. So hatte die Hexe letztendlich selbst dafür gesorgt, dass sie niemandem mehr Schaden zufügen konnte. Was für eine gerechte Strafe! Der Bucklige jedoch fristete fortan sein Leben als Warzenschwein.

Wir jedenfalls feiern heute nicht nur den zweiten Jahrestag der Entdeckung der Edelsteine, sondern auch das Wunder um den Azurit und hoffen fest, dass alle Edelsteine noch viele gemeinsame Jahrestage feiern werden.

The happy end

Autor: Ulrike Machner

10 Reaktionen zu “Ein Märchen zu Ostern”

  1. Marion

    Liebe Uli,

    hiermit danke ich dir nochmals ganz herzlich für deine Geschichte. Immer wieder, wenn ich sie lese, bekomme ich eine Gänsehaut und bin beeindruckt von den von dir geschriebenen Zeilen. Der Inhalt vereint Realität und Märchenwelt, wunderschön.
    Großes Kompliment an die Autorin!

    Frohe Ostern
    Marion & Frank

  2. Tanja

    Stimmt genau ich durfte es ja auch schon lesen und wie gesagt an Uli ist würklich eine Schriefstellerin verlorengegangen.
    LG Tanja und Macy

  3. Stefan

    Was für ein wunderschönes, zauberhaftes Märchen!!!
    …und welch großes Glück, dass das Abenteuer des kleinen Azurit auch in der Realität ein gutes Ende gefunden hat.
    Wir wünschen Euch allen
    Frohe Ostern!
    Diego, Stefan und Torsten

  4. morris

    Frohe Ostertage wünscht euch Morris und sein Anhang .
    Super schönes gedicht wir danken dir liebe Uli das wir daran teil haben durften, mal ganz lieb knuddeln.
    gruß
    Morris

  5. Uli

    Hallo Ihr Lieben,

    vielen Dank für die netten Komplimente. :D Das geht runter wie Öl. ;-) Das Leben liefert die Vorlagen und diese Geschichte durfte – wie Stefan schon sagt – mit einem happy end schließen. Gott sei Dank!!!
    Ich wünsche allen ein schönes, harmonisches und sonnige Osterfeiertage.

    Liebe Grüße

    Uli

  6. Uli

    Es muss natürlich heißen … schöne, harmonische und sonnige Osterfeiertage. Sorry! (Das kommt davon, wenn man mitten im Satz aufsteht, weil die Hundis in die Sonne wollen…)

  7. Jessica

    Ein wundervolles Märchen mit Realitätsbezug, sicherlich wissen Insider mehr.
    Liebe Grüße
    Jessica

  8. Sandra

    WOW…. Was für eine tolle Umsetzung des wirklichen Lebens.
    Ich wünsche allen Edelsteinen noch ganz viele leuchtende Jahre in Ihren Familien!
    LG

  9. Miriam

    Einfach toll und herzergreifend geschrieben. Ich wünsche den Edelsteinen viele schöne Lebensjahre.
    LG
    Miriam

  10. Jutta Pfau

    Dieses Märchen ist einfach ein Zauber – ZAUBERHAFT –;Floppy`s
    Geschichte mit sehr viel Gefühl „verpackt“.
    Schon mal daran gedacht, es an einen Kinderbuchverlag zu schicken ?
    Oder soll es nur Insidern zu Gute kommen ?
    Vor vielen vielen Jahren habe ich auch Märchen geschrieben, aber es kam Keines in den Druck – allerdings ging es da auch nicht um EDELSTEINE.
    Ein Ruck und viel Glück der Verfasserin.

    Liebe Grüsse
    Jutta Pfau
    mit Whippi Benny

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